Dass man auf der Ostseeinsel Usedom herrlich entschleunigen kann, hat sich herumgesprochen. Die Anreise auf der Landstraße ist für viele noch ein Geheimtipp.
Nach Usedom zur Badewanne der Berliner
Mit dem Auto dauert die Anreise von Berlin nach Usedom kaum drei Stunden. Das hängt davon ab, aus welchem Berliner Bezirk man startet und welches Ziel auf der Ostseeinsel man ansteuert. Wenn der Urlaubsort Ostseebad Koserow heißt, hat man die Wahl, entweder die Brücke bei Wolgast zu nehmen oder über die bei Zecherin anzureisen. Beide Strecken sind in etwa gleich lang. Die Anreise gestaltet sich darüber hinaus meist stressfrei – zumindest unter der Woche und außerhalb der Hauptsaison. Je nach Wetterprognose und Jahreszeit, kann es an den Nadelöhren aber auch schon mal voller werden. In der Saison, zu Beginn der Berliner Schulferien, sind auch schon mal Staus möglich.
Deutlich stressfreier gelingt die Anreise mit dem Flieger nach Heringsdorf oder per Bahn. Vom Berliner Hauptbahnhof über Züssow und Wolgast bis ins Seebad Koserow dauert es 3:15 Stunden. Klingt nach einer schnellen Verbindung. Doch vor 70 Jahren ging es auch schon mal deutlich schneller. Als Ende 1933 bei Karnin die damals modernste Hubbrücke Europas in Betrieb genommen wurde, konnten Fahrgäste in zweieinhalb Stunden zur „Badewanne der Berliner“ reisen. Doch 1945 wurde die Gleisverbindung von den Nazis gesprengt und bisher nicht wieder aufgebaut. Erhalten blieb lediglich das Hubteil mitten im Peenestrom, was aber immer noch imposant und sehenswert ist.
Besser mit Zeit im Gepäck
Wer ein Auto fährt und sich dennoch für die Anreise mit der Bahn entscheidet, hat meist auch Zeit im Gepäck. Die allermeisten Usedom-Urlauber wollen allerdings so schnell wie möglich ihren Urlaubsort erreichen. Das ist schade, denn so sausen viele an einigen der schönsten Attraktionen Usedoms vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Dabei kann die Insel Usedom schon bei der Zecheriner Brücke mit einigen Highlights aufwarten. Für Vogelbeobachter sind die Küsten am Stettiner Haff ein Kleinod. Gleich hinter der Brücke beginnt der Naturpark Insel Usedom. Spätestens hier lohnt sich ein kurzer Halt: Aussteigen, tief einatmen, Wind um die Nase wehen lassen, entspannen, im Urlaub ankommen. Vielleicht mal einen Blick auf die Karte von Usedom werfen und checken, was sich in unmittelbarer Umgebung befindet. Schnell wird man fündig: Karniner Hubbrücke mit Lotsenturm, das historische Zentrum von Usedom Stadt, das Wisentgehege in Dargen, Schloss Stolpe, Wasserschloss Mellenthin mit dem Mellenthiner Os, die Halbinsel Lieper Winkel, die Windmühlen bei Pudagla und Benz, die Naturschutzgebiete Halbinsel Cosim und Balmer See, Gothen und Schmollensee, das Achterwasser … All diese und noch viele, viele weitere Attraktionen der Insel Usedom finden sich auf dem Weg zur Küste.
Entdeckung der Langsamkeit
Usedom hat einen großen Anteil daran, dass wir für uns die Langsamkeit entdeckt haben. Bei unseren ersten Urlauben wollten auch wir immer so schnell wie möglich das Meer sehen. Im Hotel an der Strandpromenade einchecken und dann nichts wie raus an den Strand. Dann erst begann der Urlaub.
Der 42 Kilometer lange und bis zu 80 Meter breite feine Sandstrand übt auch heute noch eine große Faszination auf uns aus. Doch inzwischen ist Usedom für uns längst mehr als nur Strand und Meer. Daran haben Usedoms 14 Naturschutzgebiete, die ausgezeichneten Rad- und Wanderwege sowie die Vielfältigkeit der Insel großen Anteil. Kaum irgendwo in Deutschland finden sich so viele verschiedene Landschaftsformationen wie hier: Ostsee, Strand, Dünen, Küstenwälder, Seen und intakte Moore gilt es ebenso zu erkunden wie altehrwürdige und bildhübsche, authentische Orte im Inselinneren. Am besten und bewusstesten entdeckt man diese bei einer genussvollen Radtour oder – noch intensiver – beim Wandern, frei nach Johann Wolfgang von Goethe: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen!“ Damit hat der berühmteste deutsche Dichter wohl Recht. So haben wir auf der Ostseeinsel Usedom nicht nur das Wandern für uns entdeckt, sondern auch die Langsamkeit. In einer scheinbar immer schnelllebigeren und hektischeren Zeit finden wir im Wandern in der Natur eine ideale Methode zur Entschleunigung.
Herrlich entschleunigen im Forsthaus Damerow
Seit einigen Jahren beginnt diese für uns sogar schon bei der Anreise. Nicht nur, dass wir hierfür Zeit einplanen und auch mal anhalten. Nein, wir nutzen für die Anreise im Sommer zur Entschleunigung oft auch unsere Motorräder. Entschleunigen beim Beschleunigen mag auf den ersten Blick vielleicht überraschend klingen. Doch den vermeintlichen Widerspruch lösen wir auf, indem wir nicht etwa die schnellere, aber eintönige Autobahn nutzen. Wir entscheiden uns ganz bewusst für die Landstraße. Die B 109 führt nicht nur direkt von Berlin nach Usedom. Durch lauschige Wälder, vorbei an Feldern und Seen ist diese Strecke nicht nur kürzer. Sie ist auch viel, viel schöner – für alle Sinne. Wer‘s nicht glaubt, muss nur einmal das Visier öffnen und den süßen Frühlingsduft der knallgelben Rapsfelder inhalieren. Einfach herrlich. Und ab Anklam und spätestens hinter der Zecheriner Brücke sind wir dann richtig im Urlaub angekommen. Oft bleiben die Motorräder dann bis zur unserer Abreise auf dem Parkplatz am Forsthaus Damerow stehen. Manchmal aber nutzen wir sie auch für Ausflüge über die ganze Insel. Auch hierfür bietet sich das Forsthaus Damerow perfekt als Basislager an. Hier in Koserow, nahe der schmalsten Stelle der Insel, können wir grenzenlos aktiv sein, Natur und gutes Essen genießen und herrlich entschleunigen – auf zwei Rädern oder zu Fuß.